Wieso kommt mein Fernseher
oder Projektor nicht komplett fertig eingestellt vom Hersteller? Wenn
ich ein Auto kaufe ist ja auch die Zündung eingestellt!? Nun,
das liegt an einer Reihe von Umständen, die ich hier zu
erklären versuche. Ein Auto - und viele andere technische
Gerätschaften - sind in sich geschlossene Systeme und damit in
sich komplett justierbar, weil alle Umstände bekannt sind: Motor,
Getriebe, Art des Kraftstoffs, Fahrwerk Aerodynamik, Ausstattung,
...das einzige, das über die Zeit verändert sind die Reifen,
etwa für den Winter. Alle Parameter (bis auf Strassenbelag und
Zuladung) sind dem Hersteller bekannt und er kann damit das
Gesamtsystem in eine ausgereifte Balance bringen.
Der Hersteller Ihres Projektors oder TVs kennt diesen Luxus nicht. Das
beginnt mit dem dummen Umstand, dass unsere Videosignale auf
Eigenschaften und Eigenheiten von Röhrenfernsehern abgestimmt
sind. Heutige Bilderzeugung arbeitet vollkommen anders und bedingte
eigentlich eine ganz andere Art von Videosignal. Aber wegen der
Rückwärtskompatibilität und der extrem unterschiedlichen
Eigenschaften der verwendeten Technologien sitzen wir auf den alten
Normen fest, denn auch die heutigen Techniken LCD, Plasma und DLP
verhalten sich vollkommen unterschiedlch. Nur ein recht aufwendiges
Videoprocessing, dass die Signale auf dei jeweilige Bilderzeugung
anpasst gewährt eine korrekte Wiedergabe, die Aussieht wie das,
was die Kamera einst aufzeichnete.
Die zweite große Problematik der Display-Hersteller steht darin,
dass ein Heimkino ein offenes System darstellt und das Display - egal
of Fernseher oder Projektor, gleich welcher Bauart - nur ein Glied in
der gesamten Signalkette darstellt: Sender/Mastering - Receiver/Player
- Signalart und Verkabelung - eventuell voraus gehendes Processing -
dann erst das Display selbst - und zuletzt der Raum mit seiner
farblichen Gestaltung und seinen Lichtquellen. In dieser Kette bildet
das Display das schwächste Glied und damit auch die Komponente mit
dem größten Einfluss auf die Gesamtperformance.
Farbbalance kalibrieren
Zu dieser Tatsache kommt noch etwas dummes. Nicht nur, dass das Display
den großten Einfluss in der Gesamtkette besitzt, es unterliegt
auch den stärksten Toleranzen in der Produktion. Ein Beispiel:
Hier sehen Sie die Farbbalance vier identischer LCD-Projektoren
eines großen japanischen Herstellers, ein Full-HD-Modell zu circa
2.500,-- Euro. Es handelt sich um Exemplare mit dicht aufeinander
folgender Seriennummer der gleichen Produktionscharge. Sie sehen reale
Messungen, die alle direkt nacheinander unter Laborbedingungen mit
Colorfacts gemessen wurden.
Seriennummer ...548
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Seriennummer ...549
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Seriennummer ...551
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Seriennummer ...553
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Wie Sie sehen gibt es fast keine Ähnlichkeiten. Das ist - leider -
völlig normal. Wer also beispielsweise in einem Forum nach den
Parametern eines anderen Users fragt um diese auf sein Gerät zu
übertragen, der gibt bereits seine völlige Unkenntnis preis.
Er stellt sein eigenes Display auf die Parameter eines völlig
anderen Gerätes ein. ausgewogene Resultate sind blosser Zufall!
Eine kleine Erklärung zur Interpretation dieser Grafen. Auf der
X-Achse sehen Sie die relative Farbbalance dunkler (links) bis heller
Bilddetails (rechts). Die Y-Achse gibt die Abweichung der drei
Grundfarben Rot, Grün und Blau in Prozent wieder. Der
Toleranzschlauch marktiert +/-10 Prozent Abweichung. Das erste
Gerät besitzt also ab Werk ein verhältnismässig
ausgewogenes Bild. Beim zweiten verhalten sich Grün und Blau
nahezu identisch, das ist sehr gut. Dafür entsteht bei hellen
Inhalten ein deutlicher Rotmangel, der bei 100 Prozent weiß fast
30 Prozent beträgt. Mittlere und Helle Bildteile zeigen also eine
deutliche Cyan-Färbung. Das dritte Exemplar zeigt in dunklen
Bildteilen eine satten Rotstich. Das letzte Exemplar zeigt einen
grundsätzlichen und dazu schwankenden Rotmangel. Wie gesagt: Dies
sind typische Serienschwankungen von Mittelklasse-Geräten
eines Markenherstellers - der Normalzustand.
Hier sehen Sie die selben Projektoren nach der Kalibrierung
Seriennummer ...548
 |
Seriennummer ...549
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Seriennummer ...551
 |
Seriennummer ...553
 |
Die Verbesserung ist leicht erkennbar. Alle Projektoren verhalten sich
jetzt nahezu ideal ausgewogen, lediglich die dritte Maschine zeigt noch
eine minimale Abweichung bei extrem dunklen Bilddetails. Das macht
übrigens sehr wenig, schliesslich sehen wir Menschen im Dunkeln
Farbe sehr schlecht, der kleine Restfehler ist praktisch nicht
wahrnehmbar. Solch ein Ergebnis ist durch Einstellung mit blossen Augen
nicht erreichbar, denn unser Sehsinn kann nur relative Unterschiede
bewerten, keine absoluten. Nehmen wir beispeilsweise den Rotstich bei
dunkler Abbildung von Maschine Seriennummer-Endung 551. Das Auge
erkennt leicht einen solchen Rotstich, so stark ist der
unübersehbar. Was das Auge nicht erkennen kann ist, ob sich zu viel Rot
oder zu wenig Grün und Blau im Bild befinden. Der Messchrieb zeigt in
diesem Fall eindeutig einen Rotüberschuss. Eine objektive Messung
mit Colorfacts oder einem vergleichbaren Messystem ist also
unabdingbar.
Farbmischung kalibrieren
Damit ist eine gute Farbkalibrierung aber lange nicht am Ende. Die
RGB-Farbbalance sagt etwas über die Grundsätzliche
Zusammensetzung des Bildes aus und stellt damit das wichtigste
Parameterset für die Farbe dar. Nicht ganz so auffällig, aber
letztenendes genauso wichtig ist die Farbmischung. Die Farbbalance, wie
oben zu sehen, bezieht sich auf den gesamten Bildinhalt und wird mit
weissen Flächen verschiedener Helligkeit gemessen. Die
Farbmischung, die der Chromadecoder übernimmt, bezieht sich nur
auf tatsächlich farbigen Inhalt und dessen Zusammensetzung. Diesen
stellt man mit Hilfe der so genannten Sekundärfarben ein, also den
Mischfarben die sich aus genau zwei Grundfarben (Primärfarben)
zusammen setzten ein. Das sind Cyan (Blau plus Grün), Magenta (Blau plus Rot) und Gelb (Rot plus Grün).
Hier sehen Sie das CIE-Chart, das so genannte Farbsegel, eine genormte
Darstellung der sichtbaren Farben. Das Dreieck darin ist der Farbraum,
also der mittels der Grundfarben darstellbare Farbumfang. Das schwarze
Dreieck entspricht der aktuellen HDTV-Norm, das weisse der Messung, in
diesem Falle eines Highend-Plasma-TVs. Achten Sie auf die mit den
Kreisen markierten Sekundärfarben:
Farbmischung blaustichig
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Farbmischung kalibriert
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Leider bieten nicht alle Displays eine so genaue Justierbarkeit wie der
hier gezeigte Pioneer-Fernseher. Sie erkennen, dass das unkalibrierte
Gerät einen Blaustich fabriziert, weil Cyan und Magenta nach Blau
verschoben sind. Wohl bemerkt die RGB-Balance stimmt bei diesem
Gerät bereits. Auch Gelb passt nicht perfekt, es zeigt einen Hauch
von Grünstich. Nach der Kalibrierung stimmen alle Farben
perfekt mit den Vorgaben überein. Selbst die kleine Abweichung der
Primärfarbe Grün liess sich bei diesem Gerät noch
perfektionieren. Stimmen nun Farbraum, Farbbalance und Farbmischung
steht eine korrekten Farbdarstellung nicht mehr viel im Wege.
Farbtemperatur ist unwichtig!
Referenzwert für alle Farbangaben ist übrigens "D65", das ist
das genormte Weiss für alle Videoanwendungen. Es enstpricht in
etwa dem Licht der Mittagssonne. Die Farbtemperatur spielt heute als
Angabe keine wirkliche Rolle mehr. D65 entspricht zwar exakt einer
Farbtemperatur von 6503 Kelvin, allerdings nicht zwingend umgekehrt.
Die Farbtemperatur sagt nämlich nur etwas über die Balance
zwischen Blau und Rot aus, aber nichts über Grün. So kann
also ein Bild mit einem satten, hässlichen Grünstich oder
Rosa-Stich (Grünmangel) durchaus die korrekte Temperatur
aufweisen. D65 sitzt hingegen auf einem fixen Punkt im CIE-Grafen und
gilt daher für alle drei Grundfarben gleichermassen.
Hier der Beweis: Glauben Sie es oder nicht - Alle drei Quadrate besitzten die selbe Farbtemperatur
Luminanz einstellen: Helligkeit, Kontrast Gamma
Neben dem Finden des Punktes der dunkelsten und hellesten Darstellung
mittels Helligkeits- und Konstrasteinstelung und gegebenfalls
abzuwägenden Einsatz von Hilfsmitteln wie dynamischer Blende bei
Projektoren kommt es auf das richtige Gamma an. Definieren Helligkeit
und Kontrast den Kontrastumfang bestimmt der Helligkeits-Verlauf, die
Gammakurve, die korrekte Darstellung der Helligkeit zwischen diesen
beiden Extremen. Das genormte Gamma eines Videosignals beträgt
2,2. Das entspricht der Empfindlichkeitskurve des Phosphors zur Zeit
der Entwicklung des Fernsehens vor über einem halben Jahrhundert.
Diese Kurve müssen digitale Displays eletronisch nachahmen und das
gelingt ihnen nicht immer perfekt. Die meisten Geräte lassen eine
Einstellung der Kurvensteilheit und manche sogar der Kurvenform zu.
Ein zu kleines Gamma führt zu einem flauen, aufgehellten Bild. Ein
zu grosses Gamma zu einem unnatürlich abedunkelten Eindruck.
Gammawerte zwischen 2,1 und 2,4 sind praxistauglich. Fast so wichtig
wie der Kurvenmittelwert ist ein harmonischer Verlauf der Kurve.
Das folgende Beispiel zeigt das selbe Bild mit drei unterschiedlichen
Gammawerten. Der Kontrastumfang und die Farbsättigungseinstellung der drei
Bilder sind dabei identisch.
Gamma 2,0
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Gamma 2,2
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Gamma 2,4
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Da Helligkeitsdifferenzen dem Auge helfen Tiefeninformationen aus der
an sich flachen Abbildung zu generieren und auch die Farbsättigung
bedingt beeinflussen, kommt es auf eine korrekte Gammakurve an. Das zu
niedrige Gamma (links) lässt das Bild flach und flau wirken, da es
im Mittel zu hell dargestellt wird. Das zweite Bild entspricht dem
Original (im Rahmen der Darstellungsgenauigkeit Ihres Monitors), wirkt
plastisch und natürlich. Das rechte Bild mit sehr hohem Gamma wirkt
unnatürlich gesättigt und hier gehen bereits einige dunkle
Bilddetails der Haare im Schwarz unter.